"25 Jahre sind zwölf Ewigkeiten"

Nach einem Vierteljahrhundert „REGINA e.V.“ blickt Vorstandsvorsitzender Dr. Hans Röllinger auf die Vergangenheit und die Zukunft des regionalen IT-Branchennetzwerks – von Mischa Wyboris

Am Anfang war es gerade mal eine Handvoll. Ein kleiner Klub. Als der „REGionale Industrieclub Aachen“ vor 25 Jahren mit sieben Mitgliedern an den Start ging, hat er ein neues Programm geschrieben. Heute gehören dem Netzwerk 123 Mitglieder an – und das Programm ist oft kopiert worden. Vor einem Vierteljahrhundert mit Hilfe der IHK Aachen gegründet und heute von IHK-Geschäftsführerin Anke Schweda im Vorstand weiter begleitet, hat der Verein das Jobportal „karriere.ac“ ins Leben gerufen und Formate wie die „Nacht der Unternehmen“ und „Aachen2025“ mit initiiert. Worin damals das Novum jener „Netzwerk-Verbindung“ lag und warum die Mitglieder aus Wirtschaft, Bildung und Forschung auch heute noch von dem Zusammenschluss profitieren, erklärt dessen Vorstandsvorsitzender Dr. Hans Röllinger.

WN: In der IT-Welt können zwölf Monate schon eine halbe Ewigkeit sein. Was waren die Fragestellungen und Probleme, die IT-Unter-nehmen vor einem Vierteljahrhundert dazu bewegt haben, sich zum Branchennetzwerk „REGINA“ zusammenzufinden?

Röllinger: Zunächst mal: Es waren nicht alleine IT-Unternehmen. Außerdem waren die IHK und die RWTH mit am Start. Ein wesentliches Ziel der Gründungsväter war die Bildung eines Netzwerkes von Unternehmern und Instituten. Heute ist das längst üblich, aber früher war das ein Novum! Das wichtigste Ziel war es damals, die Kompetenz unserer IT-Region deutlich zu machen und der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass hier viele interessante Jobs angeboten werden. Die Abwanderung von Absolventen nach Süddeutschland hat schon damals ziemlich wehgetan. Eine intensivere Zusammenarbeit der Unternehmen und die Förderung des Technologietransfers waren natürlich auch sehr wichtig.

 

WN: Die REGINA-Mitglieder sind vor kurzem gemeinsam ins „Silicon Valley“ gereist. Welche Erkenntnisse haben Sie von dort mitgenommen?

Röllinger: Den 25. Geburtstag des REGINA e.V. wollte der Vorstand unter drei Aspekten begehen: den Horizont der Mitglieder zu erweitern, der Öffentlichkeit die Bedeutung der Digitalisierung näherzubringen und das Netzwerk durch eine schöne Feier zu stärken. Die Erkenntnisse aus den zahlreichen Besichtigungen und Gesprächen im „Silicon Valley“ waren sehr vielfältig. Beeindruckend sind vor allem die Dynamik, die finanzielle Power und die Risikobereitschaft der handelnden Personen. Davon können wir hier sicherlich noch das eine oder andere lernen. Besonders wichtig ist es aber, dass wir nicht versuchen, das Gesehene zu übernehmen, sondern dass wir uns der Stärken unseres Tuns bewusst werden und dass wir mit deutlich größerer Kraft Innovationen vorantreiben.

 

WN: Es geht nicht jedes Jahr ins „Silicon Valley“. Welche alltäglichen Vorteile genießen die Mitglieder des Vereins?

Röllinger: REGINA bietet eine offene Plattform der Information und Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen und mit den Hochschulen. Wir rufen immer wieder Aktionen zur Nachwuchsgewinnung und Förderung der Ausbildung ins Leben. Wir stoßen sie an, fördern sie finanziell und holen andere mit ins Boot. Beispiele sind die „Nacht der Unter-nehmen“, das Jobportal „karriere.ac“ und das Stipendienprogramm. Hervorzuheben ist auch die Aktion „Karriere per Klick – 1 Bewerbung, 100 Empfänger“, bei der wir regelmäßig Bewerbungen erhalten, die wir an unsere Mitglieder weiterleiten. Ein weiteres Beispiel ist die Initiative „Aachen2025“. Die REGINA-Großveranstaltung mit vielen Mitstreitern im vergangenen Jahr hat dazu beigetragen, den Menschen zu verdeutlichen, wie Digitalisierung unsere Welt verändert und wie sich die beruflichen Chancen entwickeln. Das ist – sicherlich mittelfristig – sehr wichtig zur IT-affinen Ausbildung des Nachwuchses!

 

WN: Der IT-Sektor in der Region Aachen beschäftigt bereits gut 8.000 Mitarbeiter. Welchen Standortvorteil birgt unsere Region und welchen Stellenwert hat – trotzdem – das Thema „Fachkräftemangel“ bei „REGINA“?

Röllinger: Den größten Standortvorteil der Region bilden natürlich die hiesigen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Wir wirken bei der Entwicklung von Studiengängen mit. So ermöglichen REGINA-Unter-nehmen die Stiftungsprofessur Energiewirtschaft & Informatik mit dem neuen Master-studiengang. Wichtig ist uns, Studierende und Betriebe zusammenzubringen. Unsere Mitglieder und die Region arbeiten an spannenden Themen und bieten interessante Arbeitsplätze. Seit vielen Jahren schon unterstützen wir auch Projekte in den Schulen, die den Spaß an IT-Themen fördern.

 

WN: Aktuell umfasst das Netzwerk mehr als 120 IT-Betriebe, Institute, Forschungs-  und Bildungseinrichtungen. Unterstützen die REGINA-Mitglieder auch junge Gründer?

Röllinger: Neben den Netzwerkaktivitäten des Vereins gibt es für junge Gründer ein Coaching-Angebot von erfahrenen Unternehmern und bevorzugte Mitgliedsbeiträge. Gründerangebote unterstützt REGINA außerdem durch seine Mitgliedschaft im „digital-HUB Aachen“.

 

WN: Inwiefern spielt die fortschreitende Entwicklung hin zur „Industrie 4.0“ dem „REGINA“-Netzwerk in die Karten?

Röllinger: „Industrie 4.0“ ist ein Bereich der überall gegenwärtigen und sich laufend verstärkenden Digitalisierung. Das ist natürlich ein riesiges Aufgabenfeld für IT-Unternehmen – und ein Bereich, den man nur in Zusammenarbeit der Unternehmen miteinander und mit den Hochschulen leisten kann. Da hilft das REGINA-Netzwerk selbstverständlich umfassend.

 

WN: Wird es „REGINA“ auch in den nächsten 25 Jahren noch geben? Und wenn ja:  Welche neuartigen Themen könnten die Mitglieder beschäftigen?

Röllinger: Ich bin mir sicher, dass REGINA dann mit weit mehr Mitgliedern das IT-Netz-werk der Region sein wird, vermutlich verstärkt durch weitere Initiativen. Wenn in der IT-Welt zwölf Monate schon eine halbe Ewigkeit sind, dann sind 25 Jahre zwölf Ewigkeiten. Soviel Fantasie hat wohl niemand, die dann anstehenden Themen vorauszusehen – aber es wird sie geben...

 

 

IT-Experte mit straffem Programm

Dr. Hans Röllinger,
Vorstandsvorsitzender des REGINA e.V. und
Aufsichtsratsmitglied der SOPTIM AG

Dr. Hans Röllinger (66) ist seit dem Jahr 2011 Mitglied des Aufsichtsrates der SOPTIM AG. Nach seinem Studium der Elektrotechnik an der RWTH Aachen promovierte er 1980 dort an der Fakultät für Elektrotechnik. 1981 startete er als Mitarbeiter der damaligen SOPTIM GmbH Ingenieurbüro und Datenverarbeitung, deren Geschäftsführer er zwei Jahre später wurde. Von 2001 bis 2011 war er Vorstandsvorsitzender der SOPTIM AG. Seit 1999 hat Röllinger den Vorstand des Regionalen Industrieclub Informatik Aachen e.V. (REGINA) inne – seit 2003 als 1. Vorsitzender. Von 2001 an ist er Mitglied einiger Ausschüsse der IHK Aachen und des DIHK. Von 2003 bis 2013 gehörte er der IHK-Vollversammlung an. Röllinger ist Gründungsmitglied des Businessclubs Aachen Maastricht e.V. und seit 2013 in dessen erweitertem Vorstand sowie Vorsitzender der Stiftung Energieinformatik.

 

wirtschaftliche NACHRICHTEN 02 | 2017